Dienstag, 21. August 2007

mdu 1 - Einladung anläßlich des Erscheinens





Vor 15 Jahren, am 8. August 1992, erschien die erste Nummer der Mitteilungen der Unterlagenforschung und das wurde natürlich gefeiert. Es gab einen Umtrunk in der Wohnung von Gerti Fietzek. In ihrer Kunstbibliothek stand ein kleiner Holztisch - plaziert neben einer Arbeit von Lawrence Weiner und vor einem Souvenir der Wand ohne Bild von Maria Eichhorn - auf dem sich die Hefte bescheiden zur Kenntnisnahme und zum Erwerb zum Sonderpreis von 12,- DM (regulär 18,- DM) anboten. Als zusätzliche Werbeträger lagen überall Bierdeckel aus, die ich mit dem Logo der Mitteilungen der Unterlagenforschung hatte bedrucken lassen. Die meisten Exemplare der Zeitschrift mit einer Auflage von 100 Stück habe ich an diesem Tag verschenkt. Einige wurden aber auch verkauft und die Käufer bekamen als Bonus einen Bierdeckel mit einem gestempelten Goethe-Zitat: "Im Auslegen seid frisch und munter, legt ihr´s nicht aus, so legt was unter!".

Ich war mit dem Ergebnis der Veranstaltung sehr zufrieden. Es ging dabei ja auch weder um den finanziellen Erfolg noch um den Start einer herausgeberische Karriere. Es ging mir darum, eine unabhängige Position zwischen Kunst und Text, zwischen Kunstwerk und Interpretation zu markieren, die, weil sie keine Schnittstelle ist, von beiden Seiten notwendig ausgeschlossen wird und auch ausgeschlossen bleiben will.

Dass ich mit diesem Bedürfnis nicht alleine war, ließ mich eine Arbeit von Thomas Wulffen vermuten. Er hatte zwei Monate vorher bei der Ausstellung 37 Räume sein Statement zum Verhältnis von Kunst und Text mit der Arbeit Reziprok formuliert. Mit dieser Arbeit hatte er die das Betriebssystem Kunst stabilisierenden Begriffe Künstler, Kritiker, Kurator, Kunstwerk, Kritik und Ausstellung kurzgeschlossen und implodieren lassen. Notwendigerweise stieß er damit auf Unverständnis von allen Seiten. Ich dagegen war begeistert und der einzige, der seine Edition, die zu dieser Arbeit erschienen war, tatsächlich damals auch gekauft hat.

Sowohl Reziprok als auch die Mitteilungen der Unterlagenforschung hatten ein in ihrer Konzeption angelegtes problematisches Verhältnis zu Öffentlichkeit des Betriebssystems. Ich hatte mich deshalb im Vorwort zu mdu 1 auf ein nur bedingtes Veröffentlichungsbedürfnis zurückgezogen. Das Modell dazu hatte ich den ersten wissenschaftlichen Erklärungsversuchen für die anscheinend infektiöse Verbreitung des damals neuen Rinderwahnsinns entlehnt, weshalb ich kurzzeitig auch als Spezialist für BSE galt. Mit diesem Modell im Rücken war es mir dann auch ganz recht, dass Ute Meta Bauer die Mitteilungen der Unterlagenforschung in ihrer Ausstellung Lesezimmer im Künstlerhaus Stuttgart neben anderen Zeitschriften wie ACME, ART FAN, A.N.Y.P., BLOCNOTES, DANK, documents, DURCH, frieze, META, PURPLE PROSE, pig magazine, Sommaire und Texte zur Kunst im November 1992 präsentierte. Ich hatte den Eindruck, dass der mdu-Infektionsprozess sich von alleine weiter fortsetzen würde.

Irgendwie kam das Internet dazwischen. Für mdu 2 war eine Bibliographie geplant zum Thema In der Kunst - Die Verdopplung der Welt. Seit Jahren hatte ich Buchtitel gesammelt, die dem von Kissen in der Kunst entsprachen. Also so schöne Titel hatten wie: Kunststoff in der Kunst oder Das Komische in der Kunst oder Die Kindheit in der Kunst oder Der weibliche Körper in der Kunst oder auch (einer meiner Lieblingstitel) Das Künstliche in der Kunst. Das alles sollte als Vorbereitung von mdu 3 dienen zum Thema Käse in der Kunst. Die neuen Möglichkeiten der Volltextsuche in online-Katalogen hatte den Spaß am Sammeln aber zusammenbrechen lassen und damit brach dann auch die geplante Veröffentlichungsreihe vorerst ab. Auf Nachfragen erklärte ich immer, mdu erscheine wie schon in Nummer 1 angekündigt in unregelmäßiger Reihenfolge und die Abstände könnten schon sehr lang werden.

Nach 15 Jahren erscheint mir jetzt gerade das Internet die Basis zu sein, um mit den Mitteilungen der Unterlagenforschung weiter zu machen. Dafür wird hier zunächst die Nummer 1 im neuen Medium und dadurch verändert wieder veröffentlicht.

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